Schwerbehinderung Wochenenddienst Mehrarbeit



Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern 2. Kammer
  29.03.2022
  2 Sa 2/21
Juris


Leitsatz

1. § 164 Abs. 4 SGB IX verpflichtet den Arbeitgeber nicht, wegen der Schwerbehinderung eines Arbeitnehmers einen Arbeitsplatz zu schaffen oder zu erhalten, den er nach seinem Organisationskonzept nicht benötigt.

2. Soll gemäß § 164 Abs. 4 SGB IX eine generelle Herausnahme aus der Einteilung zum Wochenenddienst erfolgen, ist Voraussetzung, dass die Behinderung des Arbeitnehmers eine Arbeitszeit erfordert, die so gestaltet ist, dass Wochenenddienste ausgeschlossen sind.

3. Beansprucht ein schwerbehinderter Arbeitnehmer, nicht mehr zu Wochenenddiensten herangezogen zu werden, muss er darlegen und ggf. beweisen, die damit verbundenen Tätigkeiten wegen seiner Behinderung nicht mehr wahrnehmen zu können. Dazu obliegt es ihm vorzutragen, inwieweit sein Leistungsvermögen durch die Auswirkungen der Art und Schwere seiner Behinderung so eingeschränkt ist, dass er die ihm übertragene Sonderform der Arbeit nicht mehr leisten kann.

4. Die Anordnung von Wochenenddiensten ist grundsätzlich vom Direktionsrecht des Arbeitgebers umfasst. Dieses wird durch die Vorschrift des § 207 SGB IX begrenzt. Schwerbehinderte Menschen und ihnen Gleichgestellte werden danach auf ihr Verlangen von Mehrarbeit freigestellt und dürfen von ihrem Arbeitgeber nicht zu einer solchen herangezogen werden.

5. Mehrarbeit im Sinne von § 207 SGB IX liegt vor, wenn die werktägliche Arbeitszeit von 8 Stunden oder die Verteilung der Arbeitszeit auf 6 Tage in der Woche überschritten wird.

6. Ein eine Vielzahl von Fallgestaltungen umfassender Antrag (Globalantrag) ist als insgesamt unbegründet abzuweisen, wenn unter ihn auch Sachverhalte fallen, in denen das Antragsbegehren erfolglos ist.


Tatbestand

Die Parteien streiten um die klägerische Verpflichtung zur Erbringung von Wochenenddiensten.

Der im April 1967 geborene, gemäß § 2 Abs. 3 SGB IX einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellte Kläger ist aufgrund schriftlichen Arbeitsvertrages (Anlage K 1, Bl. 6, 7 d. A.) seit dem 01.07.2013 als Vollbeschäftigter, eingruppiert in die Entgeltgruppe 3 nach dem Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst (TVöD) für die Beklagte gemeinsam mit einem Kollegen als Hallenwart zur Betreuung der Sporthallen „M. C.“ und „K. S.“ tätig. Gemäß § 2 des Arbeitsvertrages bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst und dem besonderen Teil Verwaltung und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung.

Die Beklagte beschäftigt darüber hinaus drei weitere Hallenwarte, die für die Betreuung der Sporthallen „D.-Halle“, „I.“ und „S.“ zuständig sind und mit der Entgeltgruppe 4 TVöD-V vergütet werden.

Der Kläger hat seine Tätigkeit an den Tagen montags bis freitags im Wechsel in der von 5.30 Uhr bis 14.15 Uhr andauernden Frühschicht und der von 13.45 Uhr bis 22.30 Uhr andauernden Spätschicht zu erbringen. Zusätzlich wird er zu u. a. auch geteilten Wochenenddiensten, um z. B. morgens eine Halle zu öffnen und diese abends zu schließen, herangezogen. Im Jahre 2019 hatte er z. B. 13 Wochenendtermine wahrzunehmen, die sich in vier Fällen auf die Tage Samstag und Sonntag bezogen, in den übrigen 9 Fällen jeweils nur auf einen Tag des Wochenendes.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Zuweisung von Wochenenddiensten an ihn sei rechtsmissbräuchlich und übergehe die Mitbestimmungsrechte des Personalrates. Bei der Ableistung von Diensten an Wochenenden handele es sich um eine unzulässige Überstundenleistung. Die ihm gegenüber vorliegende Ungleichbehandlungen könne vermieden werden, indem die Beklagte alle bei ihr beschäftigten Hallenwarte „poolen“ und zum Wochenendeinsatz heranziehen würde. Die Einteilung zu Wochenenddiensten widerspreche seinem Anspruch auf behindertengerechte Gestaltung der Arbeitszeit.

Der Kläger hat beantragt,

der Beklagten aufzugeben, es zu unterlassen, dem Kläger an Wochenenden Dienste zuzuweisen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat den klägerischen Anspruch auf Unterlassung der Zuweisung von Wochenenddiensten geleugnet, die vom Kläger vorgeschlagene „Poolung“ der Hallenwarte aus organisatorischen Gründen abgelehnt und darauf verwiesen, dass die Herausnahme des Klägers von Wochenenddiensten zu einer Überlastung des für dieselben Hallen zuständigen Kollegen führen würde.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung angeführt, es bestehe kein klägerischer Anspruch auf Unterlassung der Zuweisung von Wochenenddiensten, weil es bereits an einer Anspruchsgrundlage für dieses Begehren fehle. Der Kläger könne sich dafür nicht auf eine Ungleichbehandlung berufen, weil der Einsatz ihrer Beschäftigten der freien organisatorischen Entscheidung der Beklagten unterläge und sich nicht als unsachlich, willkürlich oder unvernünftig erweise. Seine Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen könne nicht als Anspruchsgrundlage dienen, weil nicht ersichtlich sei, dass ein daraus resultierender Anspruch auf behindertengerechte Beschäftigung durch Wochenenddienste beeinträchtigt werde. Dass die Dienstplangestaltung unzulässige Mehrarbeit bewirke oder gegen arbeitsrechtliche bzw. tarifliche Regelungen verstoße, lasse sich ebenso wenig feststellen wie eine Außerachtlassung der Beteiligungsrechte des Personalrats.

Gegen dieses ihm am 11.12.2020 zugestellte Urteil hat der Kläger mit am 05.01.2021 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 05.03.2021 mit am 04.03.2021 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.

Hierzu führt der Kläger an, das Arbeitsgericht habe verkannt, dass schwerbehinderte Menschen nach § 81 Abs. 4 Ziff. 4 SGB IX a. F. (jetzt: § 164 Abs. 4 Ziff. 4 SGB IX) einen einklagbaren Anspruch auf behinderungsgerechte Gestaltung der Arbeitszeit hätten, soweit dessen Erfüllung für den Arbeitgeber nicht unzumutbar oder mit unverhältnismäßigen Aufwendungen verbunden sei. Es habe sich bei ihm eine Schlafstörung manifestiert, welche sich auf den Gesamtorganismus auswirke. Zudem verhindere sein Einsatz in Früh- und Spätschichten mit anschließendem bzw. vorhergehendem Wochenendeinsatz eine hinreichende Regeneration.

Der erhobene Unterlassungsanspruch stehe ihm zu, weil § 6 Abs. 5 TVöD bestimme, dass die Beschäftigten nur im Rahmen begründeter betrieblicher/dienstlicher Notwendigkeiten zur Leistung von Sonntags-, Feiertags-, Nacht-, Wechsel-, Schichtarbeit sowie - bei Teilzeitbeschäftigung aufgrund arbeitsvertraglicher Regelung oder mit ihrer Zustimmung - zu Bereitschaftsdienst, Rufbereitschaft, Überstunden und Mehrarbeit verpflichtet seien. Dies bedeute gegenüber der gesetzlichen Regelung in § 106 GewO eine Erhöhung der Anforderungen für die Anordnung durch den Arbeitgeber. Dazu verhalte sich das Arbeitsgericht in der angegriffenen Entscheidung nicht. Er erfülle die Wochenenddienste regelmäßig als Mehrarbeit, zu deren Erbringung er nicht verpflichtet sei, da er mit Schreiben vom 04.01.2019 ausdrücklich verlangt habe, von Mehrarbeit ausgenommen zu werden.

Bei seiner Behinderung handele es sich um mehrere Krankheitsbilder und Dauerbeschwerden, die sich erst während seiner Tätigkeit als Hallenwart herausgebildet oder deutlich verschlechtert hätten. Die Ursachen dafür lägen in seinen Arbeitsbedingungen.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Stralsund vom 08.12.2020 der Beklagten aufzugeben, es zu unterlassen, dem Kläger an Wochenenden Dienste zuzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung und verweist darauf, dass § 207 SGB IX lediglich die Beschränkung von Mehrarbeit erfasse, nicht aber eine Diensteinteilung zu ungünstigen Zeiten. Seiner Forderung, keine Mehrarbeit leisten zu müssen, komme sie nach. Die klägerischen Ausführungen ließen nicht erkennen, dass behinderungsbedingte Umstände einer Wochenendarbeit entgegenstünden. Sämtliche durch den Kläger aufgrund von Arbeitsbedingungen behauptete Beeinträchtigungen beträfen die Tätigkeit an sich, resultierten nicht aus der Lage der Arbeitszeit. Da die Arbeitszeit an Samstagen oder Sonntagen frühestens um 8.00 Uhr morgens beginne, würden Ruhezeiten eingehalten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen, die Sitzungsniederschriften, die erstinstanzliche Entscheidung verwiesen.


Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn es besteht kein Anspruch des Klägers, nicht an Wochenenden zur Erbringung seiner Arbeitsleistung herangezogen zu werden. I.

Die Berufung ist nach § 64 Abs. 1 ArbGG statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG, §§ 518, 519 ZPO). II.

Die Berufung hat jedoch keinen Erfolg. 1.

Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Beschäftigung ohne Einteilung zu Wochenenddiensten gemäß § 164 Abs. 4 SGB IX.

Nach dieser Vorschrift hat der angestellte schwerbehinderte Arbeitnehmer, der seine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung aufgrund seiner Behinderung nicht mehr erfüllen kann, zwar einen einklagbaren Anspruch gegen den Arbeitgeber darauf, so beschäftigt zu werden, dass er seine Fähigkeiten und Kenntnisse möglichst voll verwerten und weiterentwickeln kann (§ 164 Abs. 4 Ziff. 1 SGB IX), insbesondere auf behinderungsgerechte Einrichtung und Unterhaltung der Arbeitsstätten einschließlich der Arbeitsorganisation und der Arbeitszeit (§ 164 Abs. 4 Ziff. 4 SGB IX), es wird dem Arbeitnehmer jedoch nicht der Anspruch eingeräumt, nur noch nach seinen Neigungen oder gar auf einem bestimmten Arbeitsplatz (BAG, Urteil vom 03.12.2019 - 9 AZR 78/19 - Rn. 24, juris) beschäftigt zu werden, noch ein solcher auf Schaffung eines leidensgerechten Arbeitsplatzes (BAG, Beschluss vom 22.11.2005 - 1 ABR 49/04 - Rn. 33, juris). Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, wegen der Schwerbehinderung eines Arbeitnehmers einen Arbeitsplatz zu schaffen oder zu erhalten, den er nach seinem Organisationskonzept nicht benötigt (BAG, Urteil vom 16.05.2019 - 6 AZR 329/18 - Rn. 36, juris).

Der Kläger kann danach von der Beklagten nicht verlangen, dass sie eine Nutzung der Hallen am Wochenende unterlässt oder alle bei ihr beschäftigten Hallenwarte „poolt“, um sie sodann für die Betreuung sämtlicher Hallen am Wochenende einzusetzen. Diese Entscheidung unterliegt vielmehr der Organisationsfreiheit der Beklagten, die es ihr überlässt, zu entscheiden, welche Arbeitsplätze sie einrichtet und beibehält.

Nach § 164 Abs. 4 S. 1 Nr. 4 SGB IX haben schwerbehinderte Menschen und diesen Gleichgestellte (§ 151 Abs. 1 und Abs. 3 SGB IX) u. a. Anspruch auf eine behinderungsgerechte Gestaltung der Arbeitsorganisation und der Arbeitszeit. Dies schließt die Gestaltung von Sonderformen der Arbeit, wie z. B. die Ableistung von Wochenenddiensten ein. Die Vorschrift begründet einen klagbaren Anspruch des schwerbehinderten Menschen darauf, im Rahmen der betrieblichen Möglichkeiten so beschäftigt zu werden, dass er entsprechend seiner Vorbildung und seinem Gesundheitsstand seine Fähigkeiten und Kenntnisse möglichst voll verwerten und weiterentwickeln kann.

Der Anspruch setzt voraus, dass die Behinderung des Klägers eine Arbeitszeit erfordert, die so gestaltet ist, dass Wochenenddienste ausgeschlossen sind (vgl. BAG, Urteil vom 03.12.2002 - 9 AZR 462/01 - Rn. 63, juris).

Macht der schwerbehinderte Arbeitnehmer Ansprüche nach § 164 Abs. 4 S. 1 Nr. 4 SGB IX auf behinderungsgerechte Gestaltung der Arbeitsorganisation und Arbeitszeit geltend, trägt er nach den allgemeinen Regeln grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast für die anspruchsbegründenden Tatsachen. Beansprucht er, nicht mehr zu Wochenenddiensten herangezogen zu werden, muss er darlegen und ggf. beweisen, die damit verbundenen Tätigkeiten wegen seiner Behinderung nicht mehr wahrnehmen zu können. Dazu obliegt es ihm vorzutragen, inwieweit sein Leistungsvermögen durch die Auswirkungen der Art und Schwere seiner Behinderung so eingeschränkt ist, dass er die ihm übertragene Sonderform der Arbeit nicht mehr leisten kann (BAG, Urteil vom 27.07.2021 - 9 AZR 448/20 - Rn. 30, juris).

Die Erfüllung dieser Voraussetzung kann nicht festgestellt werden. Vorliegend ist nicht ersichtlich, dass eine aus medizinischen Gründen zu unterlassende Leistung von Wochenenddiensten im Zusammenhang mit der Behinderung steht.

Der Kläger hat keine Tatsachen dargelegt, die darauf schließen lassen, dass er aufgrund seiner behinderungsbedingten Einschränkungen vollständig an der Ableistung von Wochenenddiensten gehindert ist. Soweit der Kläger Beeinträchtigungen anführt, richten diese sich grundsätzlich gegen die ihm obliegende Arbeitsleistung. Die vom Kläger benannten Schlafstörungen bestehen nach seinem Vorbringen grundsätzlich und sind nicht kausal auf die Ableistung von Wochenenddiensten zurückzuführen. Ärztliche Atteste sind nicht eingereicht. Der Kläger trägt mit der Berufungsbegründung vor, Ursachen seiner Behinderung seien in den Arbeitsbedingungen zu finden, wie schlechter Atemluft, Raumtemperaturunterschiede in den Objekten, Lärm, Staub, Zugluft, künstliche Beleuchtung, Arbeiten mit Reinigungschemikalien, körperliche Arbeit in Akkordarbeitszeit zu unterschiedlichen Zeiten. Bis auf die Arbeitsleistung zu unterschiedlichen Zeiten ist nicht nachvollziehbar, welche dieser vom Kläger benannten Ursachen gerade im Zusammenhang mit Wochenendarbeit auftreten und damit geeignet wären, einem Wochenendeinsatz entgegenzustehen. Dass sich geteilte Dienste am Wochenende belastend auswirken ist nachvollziehbar. Dass sie jedoch gerade aus medizinischen Gründen durch den Kläger nicht mehr erbracht werden könnten, hat der Kläger nicht belegt. Gleiches gilt für die vom Kläger nach der Ableistung von Wochenenddiensten angeführte besondere Erschöpfung. Hier ist nicht erkennbar, weshalb diese auf seine Behinderung zurückzuführen ist und deshalb dazu führt, dass die Tätigkeit aus medizinischen Gründen zu unterlassen ist. Es kann somit nicht festgestellt werden, dass das klägerische Leistungsvermögen durch die Auswirkungen der Art und Schwere seiner Behinderung so eingeschränkt ist, dass er die ihm übertragene Sonderform des Wochenenddienstes nicht mehr leisten kann.

§ 164 Abs. 4 SBG IX ist somit nicht geeignet, das klägerische Begehren begründen zu können. 2.

Ein Anspruch des Klägers auf grundsätzliche Herausnahme zur Einteilung von Wochenenddiensten ergibt sich auch nicht nach dem Gebot der Rücksichtnahme (§ 611 a Abs. 1, § 613 i. V. m. § 241 Abs. 2 BGB). Der Kläger hat nicht hinreichend dargelegt, dass - insbesondere nicht im Zusammenhang mit seiner Gleichstellung stehende - gesundheitliche Gründe die Herausnahme aus der Ableistung von Wochenenddiensten erfordern. 3.

Ein Anspruch auf die von dem Kläger begehrte Unterlassung von Einteilung zu Wochenenddiensten ergibt sich auch nicht aus dem Gesichtspunkt einer unzulässigen Mehrarbeit.

Ein derartiger Anspruch besteht nicht gemäß § 207 SGB IX i. V. m. § 151 Abs. 1 und Abs. 3 SGB IX im Hinblick auf den klägerseitig gestellten Antrag. Denn bei diesem Antrag handelt es sich um einen Globalantrag, der darauf gerichtet ist, die Beklagte zu verurteilen, ihn generell nicht mehr zu Wochenenddiensten einzuteilen. Der Antrag umfasst damit sämtliche Fallgestaltungen, in denen der Kläger verpflichtet sein kann, derartige Dienste zu leisten. Ein eine Vielzahl von Fallgestaltungen umfassender Antrag ist jedoch als insgesamt unbegründet abzuweisen, wenn unter ihn auch Sachverhalte fallen, in denen das Antragsbegehren erfolglos ist (BAG, Beschluss vom 12.03.2019 - 1 ABR 42/17 - Rn. 74, juris). So mag es vorliegend Konstellationen geben, in denen der Kläger nicht zur Ableistung von Wochenenddiensten verpflichtet ist, weil es sich um unzulässige Mehrarbeit handelt, dieser Umstand ist jedoch nicht geeignet, den klägerischen Globalantrag begründen zu können.

Die Anordnung von Ableistung von Wochenenddiensten ist grundsätzlich vom Direktionsrecht der Beklagten umfasst. Nach § 106 S. 1 GewO kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit die Arbeitsbedingungen nicht durch Arbeitsvertrag, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Gesetz festgelegt sind. Das Direktionsrecht des Arbeitgebers dient der Konkretisierung des vertraglich vereinbarten Tätigkeitsinhalts. Nach der arbeitsvertraglichen Vereinbarung i. V. m. § 611 a Abs. 1 BGB und § 6 Abs. 5 TVöD-V ist der Kläger grundsätzlich verpflichtet, auch an Wochenenden Dienst zu leisten.

Entgegen der Auffassung des Klägers entfällt diese Verpflichtung nicht gemäß § 6 Abs. 5 TVöD-V, denn die Bewirtschaftung der Hallen auch an Wochenenden ist erforderlich, um der Aufgabe der Daseinsvorsorge nachkommen zu können.

Das arbeitgeberseitige Direktionsrecht wird durch die Vorschrift des § 207 SGB IX begrenzt. Schwerbehinderte Menschen und gemäß § 151 Abs. 1 und Abs. 3 SGB IX ihnen Gleichgestellte werden danach auf ihr Verlangen von Mehrarbeit freigestellt. Dies hat zur Folge, dass der Schwerbehinderte bzw. einem schwerbehinderten Menschen gleichstellte Arbeitnehmer, der - wie der Kläger - ein entsprechendes Verlangen geäußert hat, die Leistung von Mehrarbeit nicht schuldet und vom Arbeitgeber nicht zur Mehrarbeit herangezogen werden darf. Mehrarbeit ist dabei jede über die gesetzliche regelmäßige Arbeitszeit des § 3 S. 1 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) hinausgehende Arbeitszeit. Diese beläuft sich auf werktäglich 8 Stunden. Der gesetzgeberischen Konzeption des Arbeitszeitgesetzes liegt grundsätzlich eine 6-Tage-Woche zugrunde. Ausgangspunkt der gesetzlichen Regelung in § 3 S. 1 ArbZG ist die werktägliche Arbeitszeit. Werktag ist jeder Kalendertag, der kein Sonntag oder gesetzlich festgelegter Feiertag ist (vgl. § 9 Abs. 1 ArbZG). Wird die werktägliche Arbeitszeit von 8 Stunden oder die Verteilung der Arbeitszeit auf sechs Tage in der Woche überschritten, liegt Mehrarbeit im Sinne von § 207 SGB IX vor.

Die individuell vereinbarte oder tarifliche regelmäßige Wochen- oder Monatsarbeitszeit bleibt bei der Bestimmung der Mehrarbeit im Sinne von § 207 SGB IX ebenso außer Betracht, wie die Möglichkeit, die Arbeitszeit nach § 3 S. 2 ArbZG auf bis zu zehn Stunden täglich zu verlängern. Die Vorschrift des § 207 SGB IX soll sicherstellen, dass die Leistungsfähigkeit schwerbehinderter Menschen nicht durch zu lange Arbeitszeiten überbeansprucht und die gleichberechtigte Teilhabe des schwerbehinderten Menschen am Leben in der Gesellschaft gefördert wird (§ 1 SGB IX). Dieser Schutzzweck der Norm erfordert es, die tägliche Arbeitszeit zu begrenzen. Nur so wird gewährleistet, dass dem schwerbehinderten Menschen ausreichend Zeit für die Teilhabe an der Gesellschaft bleibt, insbesondere für die notwendigen täglich zu verrichtenden Angelegenheiten, wie Einkaufen, Behördengänge etc. Ein Bezug auf vom Werktag unabhängige tariflich oder sonst im Arbeitsverhältnis geltende Arbeitszeitregelungen würde dem nicht gerecht (BAG, Urteil vom 27.07.2021 - 9 AZR 448/20 - Rn. 23 ff., juris).

Bei den seitens der Beklagten für den Kläger angeordneten Wochenenddiensten handelt es sich danach nicht per se um Mehrarbeit im Sinne des § 207 SGB IX. Die tägliche Arbeitszeit von 8 Stunden wird hiermit nicht überschritten.

Möglicherweise könnte § 207 SGB IX der Einteilung zu Wochenenddiensten entgegenstehen, wenn tatsächlich Mehrarbeit im Sinne des § 207 SGB IX anfällt. Dies dürfte der Fall sein, wenn der Kläger nicht nur am Samstag, sondern auch noch am Sonntag zur Dienstleistung herangezogen wird, weil er, wenn bereits ein Einsatz von Montag bis Freitag vorliegt, mit dem Arbeitseinsatz am Samstag die 6-Tage-Woche erreicht hat und eine weitere Inanspruchnahme an dem Sonntag dann an einem siebten Tag erfolgt. Denn nach Ableistung einer 6-Tage-Woche ist der Kläger nicht verpflichtet, an einem siebten Tag in der Woche eine Leistung für die Beklagte zu erbringen, weil es sich dabei um Mehrarbeit i.S.v. § 207 SGB IX handelt.

Die Anordnung von Wochenenddiensten in Form der Arbeit am Samstag und darauffolgenden Sonntag verstößt gegen den klägerischen Anspruch aus § 207 SGB IX auf Freistellung von Mehrarbeit, wenn damit die Überschreitung der werktäglichen Arbeitszeit von 8 Stunden verbunden ist oder der Kläger angesichts seiner regulären 5-Tage-Woche tatsächlich an 7 Tagen in der Woche zur Arbeitsleistung herangezogen wird.

Die Beklagte kann jedoch nur zu der vom Kläger begehrten Unterlassung verurteilt werden, wenn in der von ihr angeordneten Wochenendarbeit eine unzulässige Anordnung von Mehrarbeit liegt. Ein auf diese Fallkonstellation abgestellter Unterlassungsantrag des Klägers, dem stattgegeben werden könnte, liegt jedoch nicht vor. Der vom Kläger gestellte Globalantrag umfasst mehr als diese Fallkonstellation und war deshalb abzuweisen. 4.

Schließlich kann sich der Kläger nicht darauf stützen, eine generelle Herausnahme aus der Ableistung von Wochenenddiensten habe wegen mangelnder Beteiligung des Personalrats zu geschehen. Der Personalrat hat grundsätzlich dem Schichtmodell sowie der Arbeitseinteilung des Klägers an Wochenenden zugestimmt. Es kann offenbleiben, ob dem Kläger ggf. ein Leistungsverweigerungsrecht zusteht, wenn die Beklagte ihn ohne entsprechende Beteiligung des Personalrates zur Ableistung von Wochenenddiensten einteilt. Sofern ein solches bejaht wird, betrifft dieses jedenfalls nur den konkreten Einzelfall. Ein Anspruch des Klägers auf generelle Herausnahme aus der Ableistung von Wochenenddiensten ergibt sich daraus nicht.

Das Arbeitsgericht hat die Klage folglich zu Recht abgewiesen. III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 97 ZPO. Der Kläger hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen.

Gründe für die Zulässigkeit der Revision (§ 72 Abs. 2 ArbGG) bestehen nicht.